Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am 08.06.2020
"Die Verheißung gilt nicht dem,
der keinen Widerstand auf seinem Weg findet, sondern dem, der Widerstände überwindet."
(Corrie ten Boom)
8.Juni 2020 (seit drei Monaten im Corona-Lockdown):
Gestern hat mich jemand gefragt: Warum seid ihr eigentlich damals nach Papua gekommen?
Hier meine Antwort auf diese Frage...
(weiter unten kannst du lesen, was ich im Jahr 2013 auf diese Frage geantwortet hatte)
Als Rainer mich 1987 fragte, ob ich ihn heiraten würde, war bereits klar, dass er wieder nach Indonesien zurückgehen wollte, wo er seine Kindheit und Jugendzeit verbracht hatte. Das Land und die Menschen war ihm ans Herz gewachsen und er wollte dort Einheimische in ihrer theologischen Ausbildung fördern, so wie es schon sein Vater seit den 50er Jahren getan hatte. Als ich die Verlobung mit Rainer einging wusste ich also schon, dass unser Weg nach Indonesien gehen würde. Schon von seinem Vater hatte Rainer immer wieder gehört, dass es notwendig sei, angehende indonesische Pfarrer und Gemeindeleiter in ihrer Ausbildung zu fördern und biblische Werte auf liebevolle überzeugende Weise zu vermitteln. Von Detmar Scheunemann, seinem Vater, hat Rainer eine tiefe Liebe für das Wort Gottes vorgelebt bekommen, die ansteckend war. Ebenso wie sein Vater, der damals in Java über theologischen Unterricht an der von ihm mitgegründeten Bibelschule in Batu, Malang, sowie später in Abendbibelschulen in mehreren Städten Indonesiens viele Menschen mit dem Wort Gottes erreichte, so wollte auch Rainer – allerdings nun in Papua – über Abendbibelschulen die Laienausbildung in den Gemeinden stärken. Hauptziel war es in allen Bemühungen von Anfang an, möglichst viele Menschen in Indonesien mit diesem lebensverändernden und von Ängsten befreienden Wort Gottes zu erreichen und vertraut zu machen.
Für mich war es damals wichtig, dass ich nicht nur die „mitausreisende Ehefrau“ sein wollte. Ich wollte sicher sein, dass ich auch eine mir sinnvoll erscheinende Aufgabe in der Ausbildung von Einheimischen ausüben könnte. So war es für uns ein Wink Gottes, als die Anfrage eines ehemaligen Missionars der VEM zu uns kam, ob wir uns vorstellen könnten, nach Papua auszureisen, um dort sowohl an der theologischen Hochschule (Rainer) als auch an der Wirtschaftshochschule (Heidi) zu unterrichten. An beiden Hochschulen würde händeringend nach Dozenten gesucht. Wir hatten beide den Eindruck, dass wir diesem Ruf folgen sollten, bewarben uns um die Stellen, wurden akzeptiert und begannen mit dem Visumantrag. Dieser Prozess zog sich allerdings über die nächsten drei Jahre hinweg, in denen die indonesischen Behörden nicht den Eindruck erweckten, als würde das Visum jemals genehmigt werden. In der Wartezeit stellte Rainer seine Promotion fertig und ich arbeitete als Dozentin an einer privaten Schule und machte nebenbei noch ein Zusatzstudium an der Uni in Gießen im Bereich Arbeits-Berufs- und Wirtschaftspädagogik“. Außerdem wurden wir in dieser Zeit auch zweifache Eltern. Julia wurde im Oktober 1993 geboren und Jan im September 1995. Als ich dann 6 Wochen vor der Geburt unseres Sohnes Jan mit dem Unterricht aufhören musste, und klar war, dass ich mit nun zwei kleinen Kindern zu Hause nicht weiterhin Arbeiten gehen konnte, wurden wir unsicher, ob wir noch weiter auf das Visum warten sollten, oder ob Rainer sich nach seiner nun abgeschlossenen Promotion eine Vollzeitstelle in Deutschland suchen sollte. Da wir finanziell unter Zugzwang waren, da wir kein festes Einkommen mehr hatten, wurde mit der VEM die Absprache getroffen, dass Rainer einfach einmal als Gastdozent zum Test für drei Monate an die theologische Hochschule ausgesandt werden sollte, da er aufgrund seiner in Indonesien verbrachten Kindheit ohnehin perfekt indonesisch sprach und direkt mit dem Unterricht beginnen konnte, ohne einen sonst für andere Missionare notwendigen Sprachkurs machen zu müssen. Wir stimmten zu, obwohl es natürlich nicht leicht für mich war, als junge Mutter mit einem gerade geborenen Baby und einem Zweijährigen Mädchen für drei Monate alleine zu Hause zu recht zu kommen.
Aber als Rainer im Wintersemester 1995/1996 für drei Monate an der theologischen Hochschule in Abepura, Papua zu unterrichten begann, waren sowohl die Kirchenleitung als auch die Schulleitung der theologischen Hochschule hoch erfreut, einen so gut ausgebildeten und der indonesischen Sprache mächtigen ausländischen Dozenten zu bekommen, der auch noch mit seinem kräftigen Gesang und seiner kulturell angepassten freundlichen Art sofort viele Studenten begeisterte. Die Kirchenleitung ergriff sogleich die Initiative übte ihrerseits Druck auf die Einwanderungsbehörde aus, die das Visum bisher nicht bearbeitet hatte. Nach nur drei weiteren Monaten hatten wir plötzlich freudig überrascht die Zusage für ein Visum und wurden in einem Ausreisekurs der VEM mit den wichtigsten Informationen über das Leben im tropischen Ausland versorgt. Wir dachten, wir seien gut vorbereitet… aber das war ein Trugschluss. In den nächsten Jahren mussten wir vieles erleben, was wir uns in unseren kühnsten Träumen nicht hätten vorstellen können. Andererseits haben wir auch viele positiven Überraschungen erlebt, die uns immer wieder davon abhielten, aufzugeben (wie so viele andere Ausländer um uns herum).
In den nächsten Monaten werde ich versuchen, verschiedene persönliche Erlebnisse in Papua auf Papier zu bringen (bzw. in den Computer zu tippen). Ich möchte euch einen Eindruck davon vermitteln, was es für uns bedeutet hat, unsere Heimat zu verlassen und in ein mir völlig fremdes Land zu ziehen, wo dann auch unsere Kinder aufgewachsen sind. Es gab viele Höhen und Tiefen und bei manchen Erfahrungen wird mir immer noch ganz schwindelig, wenn ich daran zurückdenke. Zusammenfassend kann ich nur sagen, dass es reine Gnade ist, dass wir nach 24 Jahren immer noch in Papua sind, dass wir schlimme Krankheiten überlebt haben und dass unsere Kinder zu wunderbaren verantwortungsbewussten, jungen Erwachsenen herangewachsen sind, die nun eigenständig in Deutschland leben und ihr Studium beziehungsweise ihre Arbeit mit Motivation und Durchhaltevermögen sehr gut bewältigen. Ich bin stolz auf meine Kinder und ich bin Gott dankbar, dass er sie in allen Schwierigkeiten bewahrt und durchgetragen hat. Auch bin ich dankbar, dass Gott unsere Ehe bewahrt hat und wir aus allen Krisenzeiten gestärkt herausgekommen sind. Ohne ihn hätten wir das nie geschafft. Mein Herz ist voller Bewunderung, wie sehr Gott sich für uns reingehängt hat, wie viel Verständnis er für unsere Schwächen gezeigt hat und wie er uns immer wieder aus der Frustration und Verzweiflung herausgezogen hat und uns wieder begeistert hat für sein Wort, seine Gegenwart und seine unglaublich grenzenlose Liebe zu uns, die uns so annimmt, wie wir sind. Trotz all unseres Versagens und trotz all unserer Schwächen hat er uns gebraucht, eingesetzt, ermutigt, geführt, gehalten, getröstet, ausgerüstet und mit allem versorgt, was man so zum Leben braucht. Allein Gott sei die Ehre.
Eintrag von 2013: Gründe dafür, warum wir in Papua sind:
Interessant ist ja folgendes:
- Manch eine/r meint zu wissen, was ein Missionar ist, war selber aber noch nie in der Mission.
- Manch eine/r meint zu wissen, was die Einheimischen in den sogenannten Entwicklungsländern wollen und brauchen, hat sie aber selber noch nie um ihre Meinung gefragt.
- Manch eine/r meint sie/er wisse über Gott Bescheid, hat ihn aber noch nie selber richtig kennengelernt.
Es ist immer gut, wenn man ohne Vorurteile an eine Sache herangeht und bereit ist, etwas Neues zu lernen... Besonders macht es Sinn, sich Gottes Meinung anzuhören und von ihm zu lesen und zu lernen. Besonders empfehlen kann ich in diesem Zusammenhang die vier Evangelien und die Briefe im Neuen Testament, sowie die Psalmen im Alten Testament. Nur wer Gott sucht und sich ihm anvertraut, wird ihn auch richtig kennen lernen. Es lohnt sich...
Was meinst du, warum wir hier in Papua sind?
...ich überlege noch, wie ich das am besten zusammenfasse....
Also was hat uns dazu bewogen, ohne Sicherheiten, ohne viel Geld zu verdienen (sondern sogar einen Teil unserer eigenen Ersparnisse in fremde Menschen zu investieren), ohne genau zu wissen was uns erwartet...nach Papua zu gehen?
Zunächst gibt es da ein paar grundlegende Gründe...
1. Wir haben gemerkt, dass es nichts besseres auf der Welt gibt, als Gott zu kennen und mit ihm eine persönliche Beziehung zu haben.
2. In der Bibel steht, dass wir möglichst vielen anderen Leuten davon erzählen sollen, was Jesus für uns getan hat, damit sie auch eine Chance darauf haben, von ihrer Last befreit zu werden (diese Last ist Schuld, Jesus ist am Kreuz gestorben und auferstanden, damit wir frei sein können von Schuld. ) Das funktioniert aber nur für diejenigen, die auch was davon wissen und Jesus in ihr Herz aufnehmen. Also muß es ihnen ja jemand sagen.
3. Wir haben selber erlebt, wie Gott unser Leben angerührt hat und wie der Geist Gottes (der heilige Geist) in unserem Leben wirkt und deshalb lassen wir uns auch von ihm gerne sagen, was wir tun sollen, weil wir IHM dankbar dafür sind. Wir wollen deshalb unsere Gaben und Fähigkeiten für die Leute einsetzen, zu denen Gott uns geschickt hat.
Außerdem haben Papuas uns selber gebeten zu kommen...bzw. zu bleiben...:
4. Die Kirche in Papua hat uns gebeten, die Gemeindemitglieder zu schulen. Wir wurden gebeten, die Sportbeisterung der Kinder hier zu fördern und wir wurden von Einheimischen gebeten, ihnen zu helfen, die Grundlagen des Wirtschaftens zu verstehen.
5. Wir können hier sinnvolle Arbeit tun, die sonst kaum jemand machen will. Man muß sehr viel Zeit dafür investieren, gute Beziehungen zu knüpfen. Man muß sehr gut indonesisch sprechen können, um zu verstehen, was die Leute wirklich bewegt. Man muß die Einheimischen lieben und sich bemühen, ihre Kultur zu verstehen. Man muß sich Wissen erarbeiten, das hier gebraucht wird.
6. Rainer ist in Indonesien aufgewachsen und spricht perfekt indonesisch (übrigens auch javanisch). Ich (Heidi) spreche inzwischen auch fliessend indonesisch.
7. Wir lieben die Leute hier. Sie sind einfach super aber die meisten haben das Pech gehabt, in ihrer Kindheit und Jugend keine vernünftige Ausbildung bekommen zu haben.
Auch wenn es oft anstrengend ist, mit manchen von ihnen zu leben, weil man auch ausgenutzt oder mißverstanden wird, ist es doch toll zu sehen, dass viele sich freuen, dass wir hier sind und sie uns dies auch oft sagen.
8. Es ist eine super Landschaft hier und wir genießen das schöne tropische Wetter.
9. Es gibt Leute, die unsere Arbeit hier unterstützen, indem sie jeden Monat dafür Geld geben, dass wir hier mit den Einheimischen arbeiten können...Das ist genial.
10. Und noch vieles mehr. Zum Beispiel diese Kinder: