Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am 26.09.2012
Kleiner kultureller Ratgeber
Oft werden wir gefragt: Was ist in Papua anders als in Deutschland?
Es gibt Verhaltensregeln, die man sich einprägen sollte, um nicht Anstoß zu erregen, sprich um die Kultur der Einheimischen zu ehren. Manches tut man einfach auch den Einheimischen zuliebe, auch wenn man es selber ganz anders machen möchte… Das ist auch eine Art, anderen Menschen Hochachtung und Liebe entgegenzubringen.
Was generell in Papua anders ist als in Deutschland:
- Menschen legen mehr Wert auf Beziehungspflege als auf Leistung oder materiellen Reichtum.
- Man hat generell mehr Zeit als in Deutschland. Man hetzt nicht von Termin zu Termin, sondern nimmt sich Zeit für das Gespräch mit dem Mitmenschen. Natürlich leidet die Effektivität der Arbeit darunter und die Arbeitsleistung ist geringer als in Deutschland.
- Auch das Schulsystem ist nicht so diszipliniert wie in Java oder gar in Deutschland. Viele Schüler in Papua haben nur geringes Allgemeinwissen, Mathematik ist ein großes Problem für viele Schulabgänger. Prozentrechnung und Brüche sind kaum bekannt.
- Kaum jemand kommt pünktlich zu einem verabredeten Termin, viele Veranstaltungen beginnen erst eine Stunde später als angekündigt.
- Wird ein Termin nicht noch einmal wenige Tage vor einer Veranstaltung bestätigt, dann gilt der Termin als abgesagt (zumindest sollte man sich informieren, bevor man hingeht, ob die Veranstaltung tatsächlich stattfindet)
- Spontanität ist angesagt: Eine plötzliche Einladung, am nächsten Tag eine Rede bei einer wichtigen Veranstaltung zu halten, ist keine Seltenheit.
- Generell bringen einem die Einheimischen Respekt entgegen. Vor allem wenn man älter ist, einen akademischen Titel hat, oder Lehrer oder Pfarrer ist.
- Die Menschen haben einen hohen Respekt vor Gott und das Gespräch über Glauben und Kirche ist natürlicher Bestandteil des täglichen Lebens.
- Kinder verhalten sich in Papua viel respektvoller gegenüber ihren Eltern als in Deutschland, allerdings werden die meisten Kinder auch von ihren Eltern geschlagen, wenn sie frech sind.
- Wenn man heiratet, wird die Hochzeit von den Eltern ausgerichtet. Die Eltern der Brautleute besprechen untereinander, wie die Hochzeit veranstaltet wird und wer eingeladen wird. Wer heiratet, heiratet nicht nur eine Person, sondern eine ganze Sippe mit und muß sich vielen kulturellen Pflichten unterordnen. Die meisten jungen Ehepaare haben keine Chance, sich aus dem Klammergriff ihrer Großfamilie zu befreien. Oft entstehen Eheprobleme, weil die Erwartungen der Schwiegereltern und der eigenen Eltern (zum Beispiel der Wunsch nach vielen Enkelkindern) zu groß ist. Oft werden Kinder von den Großeltern aufgezogen, wenn die Eltern beide arbeiten.
- Als Frau vermeidet man es, alleine unterwegs zu sein. Eine allein spazierengehende Frau wird oft als „Freiwild“ betrachtet.
- Man geht grundsätzlich nicht alleine aus, sondern immer in Gruppen. Man geht lieber zu Orten, wo viel los ist als zu einsamen Orten. Viele Jugendliche finden es völlig normal und erstrebenswert, wenn sie ziellos in großen Einkaufszentren herumschlendern.
- Papuas, oder auch Indonesier im Allgemeinen erholen sich vom Alltagsstress grundsätzlich in der Gemeinschaft mit anderen, wozu auf jeden Fall gemeinsames Essen gehört. Dies steht im Gegensatz zu vielen westlichen Kulturen, wo viele Menschen sich mit ihrer engsten Familie in der Abgeschiedenheit von anderen oder beim Alleinsein in der Natur am besten erholen können und das Essen eher eine untergeordnete Rolle spielt.
- Die Meinung von jungen Menschen ist weniger wichtig als die Meinung Älterer. Der Älteste oder der im Rang höchststehende einer Gruppe bestimmt, was gemacht wird, der Rest der Gruppe passt sich an und macht alles mit.
- Gemeinsames Essen ist noch viel wichtiger als gemeinsames Gespräch. Wer Freunde oder Bekannte zu sich nach Hause einlädt aber kein Essen vorbereitet, gilt als schlechter Gastgeber. Oft bildet das gemeinsame Essen den Abschluss eines Besuches und der Gast geht nach dem Essen nach Hause. Dies steht im Gegensatz zu vielen westlichen Kulturen, wo man sich zum Essen trifft und dann anschließend gemütlich zum Gespräch zusammensitzt.
- Grundsätzlich bezahlt bei gemeinsamen Restauratbesuchen immer nur einer. Es gilt als unmöglich, wenn ein Ausländer nur für sich selbst bezahlen will. Derjenige der die Idee hat, dass man gemeinsam essen gehen könnte, ist gewöhnlich derjenige, der bezahlt. Oft wird von dem, der am meisten Geld hat, erwartet, dass er/sie einen zum essen einlädt. Ausländer sollten dies wissen, bevor sie mit einheimischen Freunden ein Restaurant aufsuchen.
- Wenn man einen Einheimischen um Hilfe bittet, bedeutet das auch, dass man bereit ist, dem anderen seine Auslagen für Transportkosten und Essen oder auch ein kleines oder größeres Honor für seine Hilfeleistung zu bezahlen. Wenn man dies als Ausländer nicht tut, fühlt sich der „Helfer“ ausgenutzt und man gilt als geizig. Auf jeden Fall muss man immer etwas anbieten. Wenn der Helfer dann aus Höflichkeit ablehnt, drückt man ihm das Geld unauffällig in die Hand. Nimmt er es dann immer noch nicht an, weiß man, dass er aus selbstlosen Motiven gehandelt hat und man kann seine Hilfe dankbar annehmen ohne zu bezahlen.
- Wenn man jemandem Geld gibt, tut man dies IMMER unauffällig (also nicht vor den Augen anderer), zum Beispiel indem man dem/der Betreffenden beim Verabschieden etwas Geld in die Hand drückt.
- Wer in der Mittagshitze nicht ein Taxi benutzt, sondern zu Fuß geht, gilt als verrückt oder geizig. Wer etwas auf sich hält geht nicht zu Fuß, sondern benutzt ein Auto. Wer mit dem Fahrrad fährt gilt als arm. Wenn man als Ausländer mit dem Fahrrad in der Stadt herum fährt gilt man ebenso als verrückt. Wer sich kein Auto leisten kann, fährt mit dem Motorrad.
- Körperliche Arbeiten (wie Haus streichen, Auto waschen, Auto reparieren, Kabel verlegen, etc.) werden nicht von Leuten ausgeführt, die genug Geld haben, sich Arbeitskräfte zu leisten, die für sie arbeiten und dafür bezahlt werden. Wenn man als Ausländer technische Arbeiten selbst ausführt, gilt man oft als geizig, weil man anderen nicht gönnt, sich damit etwas Geld zu verdienen. Genauso ist es auch am Flughafen. Wenn man sich als Ausländer sein Gepäck nicht von einem Träger tragen lassen will, gilt man als geizig. Das Problem vieler Ausländer ist hierbei wohl, dass die Träger von „Weißen“ manchmal unverschämt viel Geld fordern, und man deshalb dazu neigt, sein Gepäck selbst zu tragen. Aber von den Einheimischen wird diese Reaktion trotzdem nicht verstanden, denn sie sind der Meinung, dass mal als Ausländer genug Geld habe, um auch etwas mehr zu zahlen, als nötig.
- Wer als Ausländer keine Angestellten hat, gilt als geizig und kulturell nicht angepasst. Es wird so verstanden, dass man den Einheimischen eine sichere Einnahmequelle verwehrt und dass man ihnen nicht zutraut, gute Arbeit leisten zu können.
Was man auf keinen Fall tun darf:
- Man darf niemals jemandem etwas mit der linken Hand geben. Die linke Hand gilt als unrein, weil man sie auf der Toilette benutzt, um sich mit Wasser den Hintern abzuputzen (statt Klopapier). Auch wenn man sich danach die Hände mit Seife wäscht gilt die linke Hand dennoch generell als unrein. Obwohl man als Ausländer ja oft Klopapier benutzt und generell vielleicht sehr auf Sauberkeit achtet, darf man trotzdem niemandem etwas mit der linken Hand geben.
- Niemals aufrecht an einer sitzenden Person vorbeigehen. Man beugt sich mit dem Oberkörper etwas vornüber, knickt die Knie dabei ein, sagt „permisi“ und geht langsam vorbei. Wenn zwei Menschen sich im Stehen unterhalten darf man nicht zwischen ihnen hindurchgehen, sondern man muss warten, bis sie ihr Gespräch unterbrechen oder man muss um sie herumgehen.
- Man steigt niemals über die Beine einer sitzenden Person sondern wartet, bis sie die Beine eingezogen hat oder geht um sie herum.
- Wenn man auf einem Sofa sitzt, schlägt man die Beine nicht übereinander (schon gar nicht als Frau). Es gilt als unhöflich, wenn die Fußsohlen einer anderen Person zugewandt werden.
- Niemals mit kurzen Hosen oder schulterfreien Tops in die Stadt oder in öffentliche Gebäude gehen (wie Einkaufszentren, Kirchen, Banken oder Büros zum Beispiel).
- Niemals mit Bikini oder Badeanzug am öffentlichen Strand baden, denn das wird als fast nackt angesehen und bedeutet, dass man sich Männern anbieten möchte (man geht mit T-Shirt und kurzer Hose ins Wasser und zieht sich auch nicht am Strand vor den Augen anderer um).
- Niemals andere Leute in der Anwesenheit anderer deutlich kritisieren oder etwa anschreien. Vor allem nicht, wenn sie älter sind oder einen hohen Status in der Gesellschaft haben. Damit kann man sich jegliche gute Beziehung auf Dauer verderben und Hass erzeugen.
- Man hält sich nicht mit einer Person des anderen Geschlechts mit der man nicht verheiratet ist in einem geschlossenen Raum auf (man lässt auf jeden Fall die Tür offen).
- Wenn man eine Person auf der anderen Seite eines Raumes sieht, mit der man reden möchte, ruft man auf keinen Fall durch den ganzen Raum, sondern geht zu der Person hinüber, um sie dort anzusprechen.
- Man fährt nicht mir einer Person des anderen Geschlechtes abends alleine in einem Auto, wenn man vermeiden möchte, dass man zum Dorftratsch wird.
- Man wirft nie etwas zu jemandem, der älter ist, sondern man bringt es der Person und gibt es ihr in die Hand. Ganz respektlos wird es empfunden, wenn man eine Bibel oder ein Kirchenliederbuch auf dem Fußboden ablegt oder es jemandem zuwirft.
Was man tun sollte um sich kulturell angepasst zu verhalten:
- Man sollte sich immer ordentlich kleiden, sobald man aus dem Haus geht (zu Hause oder auf dem Sportplatz kann man allerdings ruhig locker rumlaufen).
- Bei allen Besuchen und Veranstaltungen sollte man jeden Anwesenden, den man kennt (oder auch Leute, die einen freundlich anschauen, obwohl man sie noch nicht kennt) freundlich grüßen und die Hand geben. Ein kurzes „Hallo“ ohne Handschlag oder ein ernstes Gesicht, dass deutlich zeigt, dass man sich nicht wohl fühlt, wird so interpretiert, dass man den anderen nicht leiden kann oder dass man arrogant ist.
- Wenn Besuch kommt muss man immer zeigen, dass man sich freut und Zeit hat (auch wenn man gerade etwas anderes vor hatte) und gleich etwas zu trinken anbieten (je nach Tageszeit und Hitze meist Tee, Kaffee, Fruchsaft oder kaltes Wasser). Wenn man Tee oder Kaffee serviert, muss er richtig süß sein, sonst denkt der Gast, dass man geizig ist, weil man mit Zucker sparen will. Es ist ungewöhnlich, wenn man (wie in Deutschland üblich) Kaffeetasse, Milch und Zucker auf den Tisch stellt und der Gast sich selbst bedienen soll. Es kann so interpretiert werden, dass man nicht bereit ist, dem Gast zu dienen. Wenn man selbst eingeladen ist, lässt man einen kleinen Rest im Glas zurück, denn wenn man alles austrinkt denkt der Gastgeber, dass er nachschenken soll.
- Wenn man jemanden besucht und zum Essen eingeladen wird, muss man auf jeden Fall zumindest ein wenig des angebotenen Essens kosten (auch wenn man keinen Hunger hat oder das Essen nicht so appetitlich aussieht). Wenn man satt ist, legt man den Löffel (meist bekommt man nur einen Löffel anstatt Messer und Gabel) umgekehrt auf den Teller. Wenn man den Löffel nach oben offen ablegt, heißt das, dass man noch etwas essen möchte und darauf wartet, noch etwas angeboten zu bekommen.
- Frauen müssen bei fast allen festlichen und kirchlichen Veranstaltungen einen Rock tragen, und der sollte mindestens so lang sein, dass er die Knie bedeckt. In manchen Gegenden im Hochland dürfen Frauen überhaupt keine Hosen tragen, weil es als ungehörig gilt, die Innenseiten der Oberschenkel zu zeigen. Männer dürfen bei offiziellen und kirchlichen Veranstaltungen keine Jeans tragen, sondern nur lange Stoffhosen und Hemden. Im T-shirt zu einer Feier zu erscheinen gilt als grob unhöflich und wird nur akzeptiert, wenn es sich um ein einen armen Menschen handelt, der keine ordentliche Kleidung besitzt. Bei offiziellen Sportveranstaltungen trägt man als Mann oft ein Polohemd.
- Man muß als Ausländer auf jeden Fall einheimische Angestellte haben und ihnen damit eine Einnahmemöglichkeit verschaffen. Dabei kann es sich auch um Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen handeln, also um Arbeiten, die man auch selbst erledigen könnte. Wichtig ist, dass man den kulturellen und sozialen Effekt dieses Handelns versteht.
So, jetzt bist du sicher super vorbereitet
für deinen Besuch in Papua!